Aus den Toten steigen die Tankstellen wie aus den Tankstellen

die Toten

und auch wir sind des öligen Dunkels vergebliche Boten, die eine

Schlacht ist in allen und das Geschrei.


Und weil, was der Frühling zu brechen sich vornimmt, dein Herz ist

gehen die freundlichen Analogien zu Pflanzen und Tieren

hier in rhetorischen Dunst auf


lang werden die verschiedenen Bewegungen studiert

Kräfte durch dich, die gemüsefeldartige Stagnation atmet Permafrost

aber das Zarte allein berührt uns in allen.


Nur die am stärksten zerbombten Anlagen singen von Liebe

eine irre Infantin, die in unsern traurigen Mündern springt und lacht

Herzdame im Pelz, Pikbube in flachen Schuhen

»sanftes Elektrofell«


diese Gespräche sind nur der höhere Torweg zum Weltraum

du ahnst es in klaren Momenten, nach Mitternacht an toten Tresen

 

hinter den Worten beginnen Kometen

in unseren Gesten die Wüste, ein kleines Gelb.


dialog aus Kinshasa
Zu einem Gedicht von Steffen Poppich


sitze in der nie stillen nie kühlen nacht und schwitze sätze, anfänge starten durch wie dieselmotoren, ungefiltert, anfänge die ich mittrage, tagsüber, schwer wie gestank, die toten liegen hier offen aufgebahrt einen tag und eine nacht, dann kommen die alten leichenwagen mit sirene und blaulicht, sie heulen lauter als die erschöpften angehörigen,
Aus den Toten steigen die Tankstellen wie aus den Tankstellen
die Toten
die toten sind überall, in den gerüchen, und die tankstellen sind überall, die verlassenen, unbedienten, tankstellen lebender toter, ich denke an fossile energie, schwere von längst verstorbenem, gesättigte regenwälder tief unter dem meeresgrund und unter wüsten komprimert zu kohlenstoff
und auch wir sind des öligen Dunkels vergebliche Boten, die eine
Schlacht ist in allen und das Geschrei.
das geschrei, das das geplapper ersetzen soll, die nachrichtenschlacht, die uns die welt näher bringen sollte, in die welt setzen, uns aber von den nachbarn ablenkt, von den nahen, uns ins dunkel schickt der scheinbaren langeweile,
Und weil, was der Frühling zu brechen sich vornimmt, dein Herz ist
gehen die freundlichen Analogien zu Pflanzen und Tieren
hier in rhetorischen Dunst auf
hier besonders, weil weder pflanzen noch tiere zu freundlichen analogien herhalten, und jahreszeiten nicht vorkommen, weder in der liebe noch im leben und sterben, weil was bricht wirklich das herz ist, das sich in keine saisonale heilung schicken kann, das monoton schlägt mit den ewig gleich langen tagen, aber springt, einen sprung hat, eine giftige wunde, die nicht heilen will in dieser feuchte,
lang werden die verschiedenen Bewegungen studiert
Kräfte durch dich, die gemüsefeldartige Stagnation atmet Permafrost
aber das Zarte allein berührt uns in allen.
die stagnation des immer fernen frühen frühjahrs, noch bevor alles aufbricht, aufsteigt als dunst, die kleine bewegung noch stacheln aus zartem eis trägt, das gemüse wird wohl einmal werden, bis jetzt nichts als ein roher reiner acker, mit schaumkronen aus permafrost, dies in der ferne, wo alles klar scheint,
Nur die am stärksten zerbombten Anlagen singen von Liebe
vom angegriffen sein, ohne scham, krater zu zeigen, herzblut aus rost und mürbem gemäuer,
eine irre Infantin, die in unsern traurigen Mündern springt und lacht
und tanzt, uns rührt, während wir die lippen zusammenpressen, der kälte wegen, der vorsicht, sie sucht sich keinen weg nach draußen, hat sie doch einen nach drinnen gefunden, sie lacht und tanzt, springt wie diese zeilen, unerwartet in unseren erwachsenen mündern
Herzdame im Pelz, Pikbube in flachen Schuhen
»sanftes Elektrofell«
westlicher nächte, wo das immer helle summt, einen umgibt, das herzchen im leuchtstoff, die buben schleifen das parkett, die nächte dauern tagelang, und beleuchten uns milder, zeichnen uns weich, wir reden uns hoch zu den sternen, da die erde uns vermehrt sprachlos läßt
diese Gespräche sind nur der höhere Torweg zum Weltraum
wo wir doch überall hinzukommen meinen, die welt ist nicht genug, nach oben über die hirne hinaus soll es gehen, uns fehlt nichts, außer die schwerelosigkeit, folgenlosigkeit, aber sie fehlt sehr, die losigkeit, dass nicht alles konsequenzen haben muss, dass nicht immer das eine auf das andere folgt, der schwerkraft gehorcht,
du ahnst es in klaren Momenten, nach Mitternacht an toten Tresen
dass du noch lebendig bist, vielleicht, wenn du dir mühe gibst, noch einmal aufstehst, zahlst, gehst, jemanden einlädst, oder still mit dir, dem nachthimmel, zu sprechen beginnst, in deinen kalten nächten schweift dein atem, in der stille,
hinter den Worten beginnen Kometen
noch unerforschte materie, bahnbrechend vielleicht, glühend in atmosphären, flüchtig vergehend, herzerwärmend, und
in unseren Gesten die Wüste, ein kleines Gelb.
die große leere der form, der gebärden, die in einöde führen könnten, bliebe da nicht die farbe, das unbeschriebene landkartengelb, das platz lässt, räume öffnet, für erstaunen, die erstaunlichen sprünge, diese verse, die mich verfolgen, die ich mittrage hier in dieser uneuropäischen welt.


Raphael Urweider