Poetik & Essay

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Forrest Gander
Ecopoetics: eine Einführung



I

„The earth under our feet – We are not asked
to begin nowhere“ George Oppen


Besser denn je dazu befähigt, die Wucherungen der Stimmen und Dialekte zu durchforsten, wird uns nun bewusst, dass jene Sprachpraktiken, die das Weltgeschehen in Beschlag nehmen, immer häufiger standardisiert, zweckbestimmt und abgeschrieben sind. Obgleich wir zu Experten im Navigieren kurzer Sound-Häppchen geworden sind, fallen wir andauernd Klischees und vorgefertigten Phrasen zum Opfer. Noch während wir Wörter oder Satze tippen, bietet sich uns, dank Grammatik- und Rechtschreibprüfung, eine ganze Palette an Optionen zur Vervollständigung an. Diese Vorschläge sind auf größtmögliche Konventionalität hin programmiert, wodurch die komplette Bandbreite in ein Set allerwahrscheinlichster Lösungen gezwängt wird. Solche kleinen Abkürzungen sind natürlich nützlich – und Gott weiß, viele von uns können die Rechtschreibhilfe gut gebrauchen – aber dennoch stoßen sie uns in Richtung vorgegebener Wendungen, die unser Denken und unsere Wahrnehmung abzirkeln.

Wo uns die Globalisierung zueinander hin zieht, die Industrialisierung und der Bevölkerungszuwachs den natürlichen Lebensraumen ihren Tribut abverlangen, wo Pflanzen- und Tierarten verflimmern und vom Erdboden getilgt werden, mag die Frage lohnen, ob ein ethnozentrischer Blick auf den Menschen, als eine von allen anderen Arten unabhängige Spezies, die Ausbeutung natürlicher Ressourcen untermauert und fatale Folgen in Gang setzt.

Was wir unserer Umwelt angetan haben, hat sich sicherlich auf die Möglichkeiten und Materialien eines Dichters ausgewirkt. Aber kann Dichtung ökologisch sein? Kann sie die Ökonomie der Wechselbeziehung zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Bereichen sichtbar machen oder sogar würdigen? Thematische und referenzielle Motive einmal beiseite: Wie können Syntax, Zeilenbruch und die Gedichtform selbst ökologische Moralvorstellungen zum Ausdruck bringen? Wenn unsere perzeptuellen Erfahrungen palimpsestartig oder endlos aufgereiht und bruchstückhaft sind; wenn Ereignisse kaum diskrete Anfange oder Enden haben, nur Schichten, Laufzeiten und Übergange; wenn natürliche Prozesse durch menschliche Betrachtung bereits verfälscht sind und auf diese reagieren, wie macht Dichtung dann jene komplexe Interdependenz kenntlich, die uns in einen Dialog mit der Welt setzt?

Natürlich gibt es sowohl in der östlichen als auch der westlichen Literatur lange Traditionen des Pastoralen, Gedichte uber Natur und Landschaft. Ich selbst interessiere mich jedoch weniger für „Naturlyrik“ – in der Natur thematisch hinzugefügt wird – als vielmehr für Lyrik, die – thematisch wie formal – die Beziehung zwischen Natur und Kultur, Sprache und Wahrnehmung erforscht.
Ich spreche nicht für eine bestimmte ästhetische Synthese, die auf eine Einheit linguistischer Bedeutung und phänomenaler Realität hinausläuft. Kompost scheint mir nicht weniger ein Modell der Natur zu sein als etwa geometrische Symmetrie (das Auge der Stubenfliege) oder streng mathematische Zahlenfolgen (die Fibonaccifolge). Es kommt darauf an, wie wir die Natur metaphorisieren (von der wir uns ohnedies nie loslösen können: „Natur ist im Inneren“, sagt Cezanne zu Gasquet). Und genau so wenig kann es eine verbindliche Definition von Ökologie geben. Ein streng petrarkisches Sonett mag beim Leser den Eindruck rigider auktorialer Bevormundung ebenso erwecken wie die demutsvolle Sublimierung der dichterischen Entscheidungsfreiheit zugunsten einer größeren (weil konventionellen) Struktur.

Momentan stecken die Vereinigten Staaten und China in einem Tauziehen, durch das entschieden werden soll, welches Land größere Mengen Kohlenstoffdioxid ausspucken kann. Beide inhalieren die natürlichen Rohstoffe, um möglichst schnell high zu werden. Vielleicht tragen diese Tatsachen den Dichtern beider Länder besondere Aufgaben zu. Möglicherweise kann die Entwicklung umweltbewusster Literatur – womit ich die Fähigkeit meine, Verbindungen zwischen der Umwelt und ihren Bewohnern lesbar zu machen – durch poetische Bildung vorangebracht werden; vielleicht wird poetische Bildung auch durch umweltbewusste Literatur vertieft.

Dichtung ist nicht bloß dazu da, dem rationalen Verstand helfend beizustehen, sie liefert vielmehr inhärente und zuweilen unvereinbare Einsichten. Weil ihre Bedeutung weder quantitätiv noch verifizierbar ist, kann Dichtung ganz andere, subtilere und vielschichtigere Ausdrücke anbieten als die Informations- und Handelssprache. Und eine ökologische Dichtung könnte sogar...



II


Ein Gedicht ist, selbst wenn es dem Kontext und der Zeit seiner Entstehung abgerungen wurde, eine seltsam erneuerbare Form von Energie. Es ist schwer zu sagen, ob der Dichter Henry Vaughan aus der Zukunft oder der Vergangenheit spricht, wenn es heißt: „Sie alle gingen in die Welt aus Licht/ Und ich allein sitz’ zögernd hier.“



III


Der Begriff Ecopoetics hat eine ganze Reihe von Konnotationen auf sich gezogen. Unter ihnen: eine variable Menge an technischen und konzeptionellen Schreibstrategien in Zeiten ökologischer Krisen. Diese Strategien (deren Ähnlichkeit zu innovativen poetischen Strategien der letzten hundert Jahre frappierend ist) behaupten oftmals, etwas in Gang zu setzen, etwa:

1.
Eine Zerstreuung der egozentrischen Handlungsmacht

2.
Eine Haltung der Selbstreflexivität (damit beispielsweise gesagt werden kann, dass das Gedicht nicht im Inneren des Selbst entsteht, sondern innerhalb der Landschaft, der es zurückgegeben wird)

3.
Eine Ablehnung, wie der australische Dichter Stuart Cooke schreibt, jedweden Versuchs „die Welt in einer Art von Gesamtheit und Beständigkeit zu erfassen“ zugunsten einer „Begegnung“ mit der durch „entropische Schwankungen“ gekennzeichneten Welt. Ecopoetictexte werden daher mitunter als „offene Texte“ beschrieben.

4.
Eine strikte Beachtung der Oberflächenstrukturierung

5.
Eine Neuorientierung der Objektivität in Richtung Intersubjektivität

Zur Unterstützung der letztgenannten Absicht wurden Ecopoetics mit neurobiologischen Studien in Verbindung gebracht. Die Bestrebung, Objektivität als Intersubjektivität neu zu deuten, lässt sich mindestens bis ins neunzehnte Jahrhundert, bis zu Franz Brentano und Edmund Husserl zurückverfolgen. Gegenwärtig versucht der Neurologe Antonio Damasio die wissenschaftlichen Fakten zu liefern – mit Forschungsergebnissen, die andeuten, dass sich „das Bewusstsein aus Konstruktionswissen über zweierlei Sachverhalte zusammensetzt: darüber, dass der Organismus in Beziehung zu einem Objekt steht und dass das betreffende Objekt eine Veränderung im Organismus bewirkt.“

Die Welt, so Damasio, sei aktiv an unserer Wahrnehmung von ihr beteiligt. Zuvor legte bereits der Phänomenologe Maurice Merleau-Ponty nahe, dass sich der Baum selbst unserer Vorstellung anbieten würde. In den meisten Öko-Philosophien werden traditionelle Mutmaßungen der westlichen Welt über die Unterscheidung zwischen dem kontrollierenden Subjekt und dem dienlichen Objekt neu bewertet. Das Ego-logische wird als öko-logisch neu entworfen.

Folglich konzentriert sich Öko-Logik (wie Felix Guattari in Die drei Ökologien behauptet) nicht auf Binaritäten; sie ist nicht dialektisch. Vielmehr möchte sie „die Ganzheit der Subjektivität“ hinterfragen und das Selbst als „eine kollektive Singularität“ neu denken. Der amerikanische Lyriker/Philosoph Richard Deming formuliert es so: „Anzunehmen, es gebe eine Subjektivität, auf die das „Selbst“ rekurriert, muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass – etwa – das „Ich“ ein zusammenhängendes Ganzes ergibt.“

Es ist keine radikal neue Idee, anzunehmen, das Ich sei multipel (schließlich haben das Nietzsche und Emily Dickinson auch schon gesagt) oder das Selbst sei mit anderen Dingen und Lebewesen verbunden (wie Animisten glauben und Edmund Husserl und die amerikanische Lyrikerin Brenda Hillman anregen). Doch der Begründer der Tiefenökologie, Arne Næss, erweitert diese Idee in seinem Ruf nach einer weltweiten und ungehinderten „Selbstverwirklichung“ aller Subjekte, menschlicher und nicht-menschlicher.

Allerdings ist das ein Ruf, dem schrecklich schwer zu folgen ist. Und vielleicht sollten wir ohnedies eine andere Forderung in Betracht ziehen.

Von Felix Guattari kommt der Anstoß, uns selbst als eine kollektive Singularität wahrzunehmen, und „diese Kollektivität in ein polyvalentes Befreiungsprojekt hinein zu errichten und permanent neu zu entwerfen. Nicht mit Blick auf eine herrschende Ideologie, sondern um das Reale zur Sprache zu bringen.“

Einige der Fragen, die wir stellen könnten: Wer ist verantwortlich für die Trennung des Realen vom Ideologischen? Führt uns dieser Versuch zurück zur Annahme einer vorsprachlichen, ursprünglichen Realität, unstrukturiert von Sprache? Gibt es eine Möglichkeit, „das Reale“ transparent wahrnehmen zu können, unabhängig von den höchst problematischen Übertragungen der Welt in Wörter? Gibt es irgendeine fundierende Realität abseits unserer konstituierenden und perspektivischen Übersetzung von ihr?

Viele Darstellungen des Verhältnisses von Dichtung und Ökologie sind metaphorisch und die Metaphern wurden gründlich durchmischt. Ein Gedicht, das ökologische Besorgnis zum Ausdruck bringt, könnte wie Kompost strukturiert sein, es könnte sich rhizomatisch ausprägen, als Nest, als Kollektiv dargestellt werden. Seine Struktur könnte zyklisch, unbestimmt, oder nach strengem Muster gestaltet sein. Die formalen Möglichkeiten sind so zahlreich wie eh und je, da es keine formale Struktur gibt, um Ökologie oder Natur darzustellen. Und die Schrift ist ein konstruiertes System.

Blicken wir zurück auf die Vorstellung des Tiefenökologen Arne Næss von der „Selbstverwirklichung“ aller Subjekte, menschlicher wie nicht-menschlicher, werden wir mit einer weiteren bohrenden Frage konfrontiert: Wie kann unsere Wahrnehmung nicht-menschlicher Hinweise auf „Selbstverwirklichung“ von unseren Interpretationen unbeeinträchtigt bleiben? Auch wenn es stimmt, dass zahlreiche Kulturen – die amazonischen Pirahã, die Navajo, australische Ureinwohner – vergleichsweise besser erkennbare Beziehungen zur „Geisterwelt“ eingehen, gibt es immer noch inhärente Übersetzungsschwierigkeiten.

Und von wem und nach welchen Kriterien wird entschieden, dass ein Gedicht „dem Land entstammt“, während ein anderes „dem Selbst entspringt“? Wer bewertet gewisse poetische Techniken, Ansätze oder Formen a priori als ökologisch ethisch oder unethisch (so wie William Carlos Williams das Sonett einst als „faschistische Form“ beschrieb)?

Es ist interessant, klassische chinesische Lyrik zu betrachten, die – mit dem Fehlen jeglicher Personalpronomen, ihren simultanen, aber nicht-hierarchischen Bedeutungen, den unbestimmten Relationen bei der Benennung und den Verknüpfungen zwischen der natürlichen Welt und jener der menschlichen Emotion, Wahrnehmung und Erfahrung – viele ecopoetische Ziele erfüllt. Dennoch haben die Chinesen eine lange, tiefgreifende Geschichte dessen, was der Westen Tierquälerei und Umweltzerstörung nennt, ganz zu schweigen von zutiefst hierarchischen Gesellschaftsstrukturen und repressiven politischen Regimen.

Mitunter gibt es gar keinen Grund anzunehmen, dass Werte, die in vermeintlichem Zusammenhang mit der poetischen Form stehen, Verhaltensweisen begünstigen, die von eben diesen Werten strukturiert sind. Was soviel heißt wie: Vielleicht kann Lyrik gar nichts bewegen.

In sprachwissenschaftlichen Kreisen wird das Wittgensteinsche Argument „die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“ immer noch diskutiert, oftmals gekleidet in Angriffe (oder Variationen) auf die Sapir-Whorf- Hypothese (die besagt, dass die Besonderheiten einer Sprache Auswirkungen auf das Denken ihrer Sprecher haben). Die meisten Ökopoeten haben einen gewissen Sinn für die politische Dringlichkeit, zudem den Glauben daran, dass der Sprache eine zentrale Rolle für das Denken und die Kultur zukommt, eine Position, die jedweden Anspruch auf absolute Sicherheit in Frage stellt. Es wurde vorgeschlagen, dass Öko-Gedichte, indem sie revidierte, weniger dogmatische oder binäre Perspektiven auf die Interaktion zwischen Mensch und Umwelt anbieten, auf Möglichkeiten des In-der-Welt-seins verweisen, die in eine weniger ausbeuterische und zerstörerische Historie führen könnten.

Zwei neuere Untersuchungen interessieren mich, und obwohl sie keine hieb- und stichfesten Beweise liefern, stützen sie das Argument, dass Sprache, Wahrnehmung und Konzeption unwiderruflich miteinander verkoppelt sind. Die erste ist die vielbeachtete Feldstudie von Daniel Everett, der in „Cultural Constraints on Grammar and Cognition in Pirahã“[1] und zwei folgenden Büchern von einem im brasilianischen Amazonasgebiet beheimateten Stamm berichtet, für den sprachliche Kommunikation auf „die unmittelbare Erfahrung der Gesprächspartner“ beschränkt bleibt. Ihre Stammessprache besitzt kein Perfekt. Auch die Möglichkeit einer Einbettung sieht sie nicht vor, erlaubt also nicht, dass eine Phrase in eine andere eingebaut wird. Sie haben keine Zahlen, kein Konzept vom Zählen jenseits von eins, zwei und viele, keine Farbtermini, keine Abstrakta, keine Mythen und keine Vorstellung von einer Geschichte, die weiter als ein, zwei Generationen zurückreicht. Ungeachtet des hundert Jahre andauernden Kontakts mit portugiesischsprachigen Brasilianern sind sie monolingual. Weil es ihre Sprache nicht erlaubt, Erfahrung jenseits der Erfahrung des Sprechers auszudrücken, sagen sie nicht „Er ist aus dem Blick geraten“, wenn jemand mit dem Kanu hinter einer Flussbiegung verschwindet, sie sagen „Er ist weg (aus der Erfahrung)“.

Eine andere Untersuchung betrifft die Aymara in Bolivien. Diese interessiert mich besonders, da ich zwei Bücher des bolivianischen Dichters Jaime Sáenz mitübersetzt habe, dessen Werk deutlich von der Sprache und Kultur der Aymara beeinflusst wurde. In der Sprache der Aymara ist es unmöglich, einen Satz wie „Jeanne d’Arc ist 1431 auf dem Scheiterhaufen verbrannt“ zu sagen, da solch ein Satz die Erfahrung aller übersteigt und jeder Satz zum Ausdruck bringen muss, ob eine Handlung oder ein Ereignis persönlich erlebt wurde oder nicht. Laut Rafael Núńez, einem Kognitionswissenschaftler an der University of California, San Diego, sind die Aymara das einzige untersuchte Volk, dessen Kultur die Vergangenheit als sprachlich und konzeptionell vor sich, die Zukunft indes als hinter sich liegend begreift. [2]

Um über die Zukunft zu sprechen, erklärt Núńez, winken ältere Aymara mit den Daumen oder den Händen über ihre Schultern. Um auf die Vergangenheit zu verweisen, machen sie „vorwärts streichende Bewegungen mit den Händen und Armen. In der Sprache der Aymara steht das eigentliche Wort für Auge, vorn und Sicht für Vergangenheit, wohingegen das Hauptwort für zurück oder dahinter auch die Zukunft bezeichnet.“

Es ist vorgeschlagen worden, dass es in einer Kultur, die eine Unterscheidung zwischen sehen/ungesehen und bekannt/unbekannt privilegiert, Sinn haben mag, die Vergangenheit metaphorisch vor sich zu platzieren, ins eigene Sichtfeld, während die unbekannte, unerkennbare Zukunft im Rücken liegt. In beiden Fällen scheint es eine enge Bindung zwischen den Besonderheiten der Sprachen und den Wahrnehmungen und Konzeptionen der jeweiligen Sprecher zu geben.

Wenn die Sprache beeinflusst, wie wir über unser Dasein denken, dann kann Dichtung etwas verändern. Zumindest ich denke, dass sie es kann. Mit Sicherheit kann ich sagen, dass sie die Art, wie ich die Welt erlebe, ungemein beeinflusst hat. Nur verändert sie die Wahrnehmung wohl nicht mal annähernd so direkt, wie die Dichter es sich wünschen würden. Das großgeschriebene Ich loswerden, Pronomen beseitigen, normative Syntax dekonstruieren, das Wort „wortreich“ machen, usw.: Diese Methoden – alle mehr als ein Jahrhundert alt – wirken auf den Leser ein. Aber ihre Effekte sind komplex und subtil, diffus und facettenreich, und sie müssen mit den Absichten des Dichters nicht unbedingt viel zu tun haben.

Vielleicht sollten Gedichte weniger Ökologien nachbilden, als vielmehr Verantwortung für bestimmte Möglichkeiten des Denkens und Schreibens tragen, indem sie, wie Charles Altieri anmerkt, „die Leserschaft dazu einladen, der Kräfte gewahr zu werden, die sie aufwenden, wenn sie sich daran anpassen, wie die Texte gelesen werden wollen.“

Was, wenn Wahrnehmungsstrukturen weder „subjektiv“ (d.h. vom Menschen auf der Basis von Ausgangsdaten bereitgestellt) noch „objektiv“ (d.h. von den Dingen an sich geboten) sind, sondern innerhalb eines Mediums der Relation und Interaktion artikuliert werden? Derart, dass Sprechen ein Medium in Wallung versetzt, das nicht konstruiert wurde, sondern immerfort im Gange ist wie die Lebenswelt selbst? Könnten wir uns dann als Teilhaber an einer nicht-instrumentalen Sprache begreifen?

Gäbe es überhaupt eine Möglichkeit, dies zu erkennen?



[1] Everett, Daniel, Current Anthropology, Vo. 46, No. 4, August-October 2005, S. 622.
[2] Núńez, Rafael, Cognitive Science, Vo. 30, S. 401-450.


Aus dem Englischen von David Frühauf

Dieses Dossier erschien soeben in der 60. Ausgabe der Edit. Papier für neue Texte.