Es gibt keinen Gott, in drei Teufels
Namen, hü-hott
Aus Bert Papenfuß wird Bert Papenfuß und Rock n`Roll bleibt
Rock n`Roll
Zum Herbst hin werden die Worte gelber, sagte mir einst ein befreundeter Dichter.
Zu einer Tasse Tee ein paar heilsame Verse, ein wenig melancholisches Über-schwappen.
Blätterrauschen, kahler werden. Geschwärzte Zeilen aus der gefühlten
Prohibition. Mordgedanken am Spätverkauf, selbst das limonenfarbene Ich
schluckt Antidepressiva. Schmallipppigkeit, als Vorbild George, wie er den Pilger-pfad
entlang halluzinierte. Bitte keine Drogen, auch der Rammstein-Sänger ist
ein großer dichterer deutscher ... Das große Gähnen streckt
sich im Raum. Eine Sprachmitteilung nach der anderen, die niemanden angeht,
schwappt aus den Befindlichkeitsbüros des literarischen Marginalismus.
Die Dichter, Innenweltkrämer und Landschaftslamentierer! Wenn es novembert,
beginnt sie alljährlich, die Suche nach den Rilkekrampfadern im Gegenwartsgedicht.
Man schnarcht sich zutode bei den allhiero präsenten Rumpelkammermetrikern,
man möchte am liebsten nie wieder aufwachen! Gäbe es da nicht einen
Papenfuß, der weder lahmt noch hinkt.
Nordostdeutscher Stierbierkämpfer, ein Stück Legende auf dem sonst
so flachen Prenzlauer Berg! Bei Papenfuß gibt es kein Erbarmen und Entrinnen.
Es gibt keine Freiheit/für die Feinde der Freiheit. Es gibt keine Freiheit/für
die Freunde der Freiheit. Die Freiheit ist eine Schimäre,/ schwelgt stets
in einer Affäre. Die Freiheit wird nicht kommen,/ Freiheit wird sich rausgenommen.
Und damit nicht genug: Es gibt keine Freiheit/in der Diktatur der Bourgeoisie,/
Demokratie genannt, Sklaverei ist gemeint. Es gibt keine Freiheit/in der Diktatur
des Proletariats,/Sozialismus genannt, bestenfalls Toleranz. So deutlich
und unmißverständlich grob politisch prononciert, ist längere
Zeit kein Gedicht in Deutschland geschrieben worden, das der bürgerlichen
Geschichtsklitterung die Karnevalsmaske (Guter Onkel) vom Gesicht reißt.
Papenfuß´ Gedichte sind ein Moment politischer Durchdringung, sie
geben ihren Spott, dh. ihre Weisheit in die Runde: Friede den Zechern, Krieg
den Wirten!
Seine Dichtung ist ein stärkeres Geräusch, ist noise, nicht das zaghafte
Singen in den Volieren des Literaturbetriebs. Seine radikale Ansage gegen den
marodierenden Zeitgeist: ein Hohnlachen; sein anarchistisches Sichaufblähen
und Dampfablassen: ein gewaltiger Dröhnschiß. Papenfuß bleibt
Papenfuß und Rock n´Roll sowieso. Die papenfüßigen Kalauer
jedenfalls kommen nicht aus Luckau, ihr Witz ist derber, von Meerwind getränkt,
Windstärke sieben bis acht. Und auf alle Unkenrufe ("Die Zeit der
Worte ist vorbei.") folgt ein Dschunken-versenken, folgt die Revolte ohne
Witwe Bolte, folgt der grause Grimm und Schnaps im Bier: "Schlamm-schalamm,
/die Reihen sind gelichtet/schlamm-schalamm,/ jetzt wird abgedichtet/ ... die
Zeit der Worte ist vorbei-ei-ei." Der Witze nämlich sei niemals genug,
denn zuviel Ernst schadet dem Wurm im Apfel. Man bleibe in seinem Text, soweit
die Papenfüße tragen; z. B. den Verfasser dieser Rezension in seinen
ehemaligen Arbeiterbezirk (Friedrichshain):
eine Hete macht noch keinen Sommer
eine Drossel macht noch keinen Staatsstreich
eine Zyste macht noch keine Hysteriewelle
dröhnt auch Gang of four im Boxengedränge
kraucht das Skandalieschen aus den Radieschen
piesackt den Spieß sumpft tief in den Miesen
eine Libelle macht noch keine Arbeitsstelle
klopft auch Herbert Roth an die Fontanelle
eine Transe macht noch keine Hanse
die aufs Meer zieht im Geistkämpferbund
ein Hans Rosenthal macht noch kein Todestal
für das Internationale Kapital
(aber ein Brennen der Luft wäre schööön)
doch lieber ein echter Bert Papenfuß
als den Fuß in der Tür vor Verdruß
bei der Dt. Bank mit der Leichenhand
(die Enteignung zur Vergeigung , jawoll!)
Es gibt nur ein´ Bert Papenfuß! Es gibt nicht den Papenfuß.
Es gibt immer nur den Papenfuß, den du gerade liest.
Tom Schulz
Bert Papenfuß: RUMBALOTTE CONTINUA. Karin Kramer Verlag, Berlin, 2005